von Regina Ziegler
Eine Liebe zum Film hatte ich schon in der Schule. Richtig ausgebrochen ist sie im Jahr 1973. Es war auch das Jahr, in dem Wolf Gremm, mein späterer Mann, und ich beschlossen haben, dass wir in Zukunft nicht nur Dokumentarfilme machen wollten, sondern richtige Kinofilme, mit großen Stars, mit Geschichten, die das Publikum zum Lachen bringen oder zu Tränen rühren, jedenfalls fesseln sollten.
Der Auslöser dafür war – ein Kinofilm. Wir saßen, wie mindestens zweimal in der Woche im Kino, diesmal im Filmkunst 66 in der Bleibtreustraße. Dort gab es einen Film von Gremms Lieblingsregisseur, IMITATION OF LIFE (US 1959, R: Douglas Sirk) – der deutsche Titel heißt wie so oft ein wenig zu pathetisch SOLANGE ES MENSCHEN GIBT. Gremm hat Sirk regelrecht angebetet und auch für Rainer Werner Fassbinder war Sirk eine Ikone. Solche Filme wollten wir machen, die das Publikum unterhalten und ihm doch auch etwas abverlangen. Filme, die Unterhaltung und Irritation, gemischt haben, erst erfolgreich an der Kasse und irgendwann später einmal Kult.
Mit ICH DACHTE, ICH WÄRE TOT (BRD 1973, R: Wolf Gremm) fing‘s an, dafür bekamen Wolf und ich gleich den Kritikerpreis und den Bundesfilmpreis. Mit CHAPEAU CLAQUE (BRD 1973/74, R: Ulrich Schamoni) ging‘s weiter, die SOMMERGÄSTE (BRD 1974) von Peter Stein folgten. Filme von Wolf Gremm wie FABIAN (BRD 1979) oder KAMIKAZE 1989 (BRD 1982, mit Rainer Werner Fassbinder in seiner letzten Rolle vor seinem Tod) werden heute noch aufgeführt, KAMIKAZE 1989 demnächst wieder einmal in New York.
Es kamen noch drei Dutzend im Lauf der Jahre hinzu, darunter EIN JAHR DER RUHENDEN SONNE (BRD 1984, R: Krzysztof Zanussis), der 1984 den Goldenen Löwen in Venedig bekommen hat, im Jahr 1990 KORCZAK von Andrzej Wajda. Oft ging es für die Produzentin um Geld oder Leben (und für das Publikum mindestens um Leben oder Tod). Manchmal ging es freilich auch nur, wie in den Erotic Tales (für die ich Regisseure wie Susan Seidelman, Bob Rafelson, Ken Russell, Nicholas Roeg oder Mika Kaurismäki gewonnen habe), um das, was man gerne das eine nennt.
Auch nach über vierzig Jahren habe ich diesen Traum vom großen Kino noch nicht ausgeträumt. Im Sommer 2016 produziere ich, zum ersten Mal unberaten von Wolf Gremm, diesmal zusammen mit Volker Schlöndorff, in Long Island RÜCKKEHR NACH MONTAUK. Und – ein anderer Traum ist Wirklichkeit geworden: Seit 2011 betreiben meine Tochter Tanja und ich nun das Kino Filmkunst 66 in der Berliner Bleibtreustraße 12. Und zeigen beides, Mainstream und Arthouse.